Stimme * Hören * Verstehen * und Maskierung Teil 3

Ich möchte vorausschicken, dass ich ein ausgesprochen gutes Gehör habe und als Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin geübt bin, trotz unklarer Aussprache die gemeinte Botschaft herauszuhören. Außerdem behaupte ich mal von mir selbst, dass ich deutlich und klar spreche.  Trotzdem bemerke ich, zum Beispiel auf dem Wochenmarkt, auf dem bei uns Maskenpflicht herrscht, dass die Kommunikation tendenziell auf das geschäftlich Notwendige reduziert wird, wo sonst viel Geplänkel, Gespräche und Smalltalk stattfinden. Wenn wie in den letzten Tagen kühlere Temperaturen herrschen, meine Brille trotz Antibeschlagtuch und Einrichtung der Maske unterhalb der Brillengläser und fachgerecht geknicktem Brillendraht gerade wieder voll beschlägt und ich mich quasi im Blindflug fortbewege, kaum sehe, was im Angebot ist, ich meine Bestellung doppelt sagen muss, weil ich schlecht verstanden werde und ich die anderen auch schlecht verstehe, dann kann das schon mal dazu führen, dass ich das als anstrengend und nervig und gefährlich empfinde.

 

Eine harmonisch schwingende Stimme kann Wunder wirken. Sie ist obertonreich und hohe schwingende Frequenzen sind Hirnnahrung pur (darüber hat unter anderem Herr Tomatis sehr interessant geforscht). Sprechen und Singen sind hierfür hervorragende, preisgünstige Quellen.

Innerviert und aktiviert wird die Stimme von einem Abzweiger des neuen Vagus'. Der gesamte Kehlkopf (die Heimat der Stimme) ist in seinem Spannungszustand (und damit die Stimme in ihrer Schwingungsfähigkeit) abhängig von der ihn umgebenden Muskulatur. Eben wieder jener, die zusammen mit dem neuen Vagus am nucleus ambiguus entspringt.

 

Ein Effekt, der bei einem Gefühl von Bedrohung einsetzt ist, dass die Muskulatur im Innenohr sich so einstellt, dass unser Fokus im Hören sich auf die Aufnahme tieferer Frequenzen ausrichtet. Wahrscheinlich um Knurren und ähnliche auditive Voranzeichen eines Angriffs besser wahrnehmen zu können. Der Nachteil ist, dass höhere Frequenzen dafür weggefiltert oder ausgeblendet werden. Dies ist ein Problem, weil beim Sprechen zur Vermittlung der Sprachinhalte speziell diese höheren Frequenzenbereiche benutzt, bedient und für Verständlichkeit benötigt werden.

 

Parkinsonpatienten, Menschen, die schwer hören (im Alter gehen oft zuerst dei hohen Frequenzen verloren und Menschen, die sich bedroht fühlen oder verunsichert sind, nehmen gefühlt vorrangig ein dumpfes, bedrohliches Grundrauschen/grollen um sich herum wahr. Das wiederum ist bedrohlich und hilft nicht, aus der Nummer herauszukommen.
Die Präsenz, Nähe, Berührung, der Kontakt und ein freundliches Gesicht idealerweise eines vertrauten oder Vertrauen erweckenden Menschen können hier helfen.

 

Sprachliche Erklärungen sind ab einem bestimmten Punkt des Unwohlseins und der Erregung und Verunsicherung nicht mehr hilfreich. Sie kommen (aus später auszuführenden Gründen) nicht an.

Das ist mit ein Grund, warum innerlich z.B. durch traumatische Erfahrungen hoch gestresste Kinder oft Schwierigkeiten haben, Lerninhalte aufzunehmen. Sie sind im Wesentlichen damit beschäftigt, die Atmosphäre der Umgebung auf etwaige Bedrohungsmomente zu scannen, das Gehör stellt sich auf die tieferen Frequenzen ein, die Sprachinhalte "verschwinden" darin.

Masken helfen hier definitiv überhaupt nicht. Im Gegenteil: sie sind tendenziell traumatisierend und wirken bremsend auf die kognitive Aufnahmefähigkeit, weil sie das Gefühl einer andauernden Bedrohung vermitteln und gleichzeitig verhindern, dass wir in den Gesichtern der anderen nachschauen/ überprüfen können, ob hier eine allgemein wahrgenommene Bedrohung vorliegt oder ob es "nur" mir gerade so geht.

Außerdem verändern die Masken selbst den Stimmklang. Die hohen Frequenzen verschwinden und alles klingt dumpf. Genau das, was aufgrund der oben beschriebenen Effekte gänzlich unerwünscht sein sollte.

Dieses Geschehen betrifft nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene. Und es ist eben keine bewusste Wahl, sondern etwas, auf das unser autonomes Nervensystem instinktiv reagiert, ob wir wollen oder nicht.

 

Abgesehen davon, dass sehr zweifelhaft ist, ob Masken etwas gegen die Verbreitung von Viren bewirken können außer als Spuckschutz zu dienen (den keiner aufhaben möchte, wenn er denn tatsächlich mal niesen und husten muss) bei gleichzeitig eindeutiger Behinderung der Atmung bin ich immer wieder erstaunt über ein leichtfertig Hingeworfenes   ... na, so eine Maske kann man doch wohl mal aufsetzen, das ist doch nicht weiter schlimm...

 

Ja, das kann man schon mal machen. Wir machen das inzwischen schon ganz schön lang und Kinder dürfen das teilweise in der Schule über mehrere Stunden hinweg tun. Mich nervt es schon beim Arbeiten, wo ich aus Respekt vor der Angst eine trage, wenn ich Klienten nahekomme. Insbesondere, wenn ich dann gleichzeitig von einer inneren Hitzewelle beglückt werde, wird es für mich richtig, richtig unangenehm. Das fühlt sich dann gar nicht an wie "kann man doch mal eben..."

 

Wir tun das nicht mal eben, sondern es hat einen Preis. Unser autonomes Nervensystem reagiert schneller und weitreichender als unser Verstand das wahr haben will ...